Sechs Schreiberlinge für SPACE
Wahlkurs „Schreiben für die Bühne“ 29.2.2016 - 15.7.2016
von Maja Bagat und Fee Blass
Online.
Virtuell on.
Verabschiedung von Realität.
Offline lebend, online schwebend.
Realität.
(Naomi Rhomberg)
Das Licht geht an, die Türe öffnet sich. Und die Welt von SPACE wird Wirklichkeit. Eine Welt, entstanden aus einem Netz von Gedanken und Ideen, verknüpft mit der Realität unserer digitalen Gegenwart. Facebook-Profile, gefüttert mit Biografien von fiktiven Personen, Werbesprüche für futuristische Projekte verknüpft mit assoziativen Haikus, der skizzierte Grundriss eines modernen Campus, sie alle versinnbildlichen eine erfundene Welt: Willkommen im J1.1 – dem Schreiblabor der Kantonsschule Küsnacht.
Das war also die Geburtsstätte von SPACE, wo ich Ende Februar 2016 zum ersten Mal die Teilnehmerinnen des Wahlkurses „Schreiben für die Bühne“ traf. Denia, Fee, Leonie, Naomi, Sophie, Tabea und ich würden zusammen ein Semester lang eine gemeinsame Sprache suchen, Biografien erfinden und Wendepunkte abklopfen, ja, einen funktionierenden Plot aushecken. „Vernetzung“, das grosse Thema der Kantonsschule Küsnacht, bietet aus schöpferischer Sicht unendliche viele Anknüpfungspunkte. Um die Möglichkeiten einzugrenzen und die Zeit während den wöchentlichen Doppellektionen sinnvoll einzusetzen, nutzten wir den Roman „The Circle“ von Dave Eggers als Fundgrube. Diese Geschichte gab Initialzündungen für die Recherche rund um Social Media, Google & Co. – und eine reizende Protagonistin, die sich adaptieren liesse.
Ausgestattet mit zahlreichen Schreibübungen, einer groben Skizze von einer potenziellen Szenenabfolge und sehr viel Improvisationslust, traf ich also „meine“ Autorinnen. Der spielerische Zugang zu den Texten war von Beginn an eine wichtige Komponente: Die Schülerinnen bildeten Assoziationsketten, schrieben Haikus und Elferlis, lieferten ihre Protagonisten auf Skiliften skurrilen Befragungen aus, schrieben Leitbilder für erfundene Kantonsschulen und entwickelten futuristische Gerätschaften. Parallel dazu recherchierten wir zu Social Media und Zukunft, nahmen Konzerne wie Google unter die Lupe, prüften Bewertungstools im Netz, schauten Mockumentaries und Spielfilme. Die Autorinnen mischten sich unter Geschäftsmänner und -frauen beim Lunch, belauschten Gespräche und studierten ihre Sprache, die als Inspirationsquelle für die erdachte Firma SPACE dienen würde. Und nach ein paar Wochen entwickelte jede Autorin eine eigene Figur, die zum Leben erweckt wurde: Sie erhielt eine E-Mail-Adresse und einen Facebook-Account. Über diese Accounts lernten sich die Figuren gegenseitig kennen und die ersten Dialoge, die in das Theaterstück einflossen, entstanden im Chat.
Neben den wöchentlichen Wahlkursen war auch die Zusammenarbeit mit der Theatergruppe sehr wichtig. Die Spielerinnen und Spieler nahmen unter der Leitung von Christine Faissler die entwickelten Rollen ein, bauten sie aus, interpretierten und experimentierten. Ihre Feedbacks dienten der Weiterentwicklung der Texte. Zudem wurden die von der Theatergruppe improvisierten Szenen aufgenommen, transkribiert und von den Autorinnen in den Textpool aufgenommen. Abstrakte und gedichtartige Texte bearbeiteten die Komponisten David Lichtsteiner und Tobias Krebs für eine musikalische Umsetzung.
Nach allen Recherchen, szenischen Improvisationen, Gesprächen über Handlung und Figuren läuteten wir kurz vor den Sommerferien die letzte und intensivste Arbeitswoche ein: Die erste dramaturgische Phase begann mit einem Berg Textmaterial, bunten Stiften, Blättern und Klebstreifen aller Art. Aus dem Sammelsurium musste eine zusammenhängende Geschichte entstehen. Dialoge und Monologe wurden überprüft und nachgebessert, eine Szenenabfolge bestimmt und fehlende Puzzleteilchen definiert. Bald stand das erste Drittel des Theaterstückes fest – doch was würde unser Wendepunkt sein? Und wie sollte das Ende ausfallen? Welche Message wollten wir unserem Publikum mitgeben? Die Köpfe kochten, der Süssigkeitenverzehr stieg. Unsere Gedanken brauchten mehr Platz!
Und da Gedanken beim Gehen bekanntlich besser fliessen, verliessen wir das Schulzimmer, stiegen zum See hinunter und feilten spazierend an unserem Konzept weiter. Hatte eine Autorin eine brennende Idee, blieb das Grüppchen stehen – ein fester Stand dient der griffigen Argumentation. Wurde die Idee verworfen, bewegten wir uns weiter. Konnten aber alle etwas mit der Eingebung anfangen, wurde sie mit wenigen Stichworten notiert. Und so spannen wir das Theaterstück an der frischen Seeluft zu Ende.
Am letzten Schultag vor den Sommerferien war es so weit. Denia, Fee, Leonie, Naomi, Sophie und Tabea hatten ein etwa 35-seitiges Skript zusammengestellt. Die Geschichte von Alissia war erzählt. Mit Stift und Papier hatten wir uns in die Welt des digitalen Wahnsinns gewagt und eine neue Wirklichkeit erschaffen: Die Welt von SPACE. Durch die monatelange Zusammenarbeit, durch die Verbindungen und Vernetzungen im Prozess des Denkens und Schreibens wurde aus unserem zusammengewürfelten Grüppchen ein richtiges Schreibteam.
von Maja Bagat und Fee Blass
Online.
Virtuell on.
Verabschiedung von Realität.
Offline lebend, online schwebend.
Realität.
(Naomi Rhomberg)
Das Licht geht an, die Türe öffnet sich. Und die Welt von SPACE wird Wirklichkeit. Eine Welt, entstanden aus einem Netz von Gedanken und Ideen, verknüpft mit der Realität unserer digitalen Gegenwart. Facebook-Profile, gefüttert mit Biografien von fiktiven Personen, Werbesprüche für futuristische Projekte verknüpft mit assoziativen Haikus, der skizzierte Grundriss eines modernen Campus, sie alle versinnbildlichen eine erfundene Welt: Willkommen im J1.1 – dem Schreiblabor der Kantonsschule Küsnacht.
Das war also die Geburtsstätte von SPACE, wo ich Ende Februar 2016 zum ersten Mal die Teilnehmerinnen des Wahlkurses „Schreiben für die Bühne“ traf. Denia, Fee, Leonie, Naomi, Sophie, Tabea und ich würden zusammen ein Semester lang eine gemeinsame Sprache suchen, Biografien erfinden und Wendepunkte abklopfen, ja, einen funktionierenden Plot aushecken. „Vernetzung“, das grosse Thema der Kantonsschule Küsnacht, bietet aus schöpferischer Sicht unendliche viele Anknüpfungspunkte. Um die Möglichkeiten einzugrenzen und die Zeit während den wöchentlichen Doppellektionen sinnvoll einzusetzen, nutzten wir den Roman „The Circle“ von Dave Eggers als Fundgrube. Diese Geschichte gab Initialzündungen für die Recherche rund um Social Media, Google & Co. – und eine reizende Protagonistin, die sich adaptieren liesse.
Ausgestattet mit zahlreichen Schreibübungen, einer groben Skizze von einer potenziellen Szenenabfolge und sehr viel Improvisationslust, traf ich also „meine“ Autorinnen. Der spielerische Zugang zu den Texten war von Beginn an eine wichtige Komponente: Die Schülerinnen bildeten Assoziationsketten, schrieben Haikus und Elferlis, lieferten ihre Protagonisten auf Skiliften skurrilen Befragungen aus, schrieben Leitbilder für erfundene Kantonsschulen und entwickelten futuristische Gerätschaften. Parallel dazu recherchierten wir zu Social Media und Zukunft, nahmen Konzerne wie Google unter die Lupe, prüften Bewertungstools im Netz, schauten Mockumentaries und Spielfilme. Die Autorinnen mischten sich unter Geschäftsmänner und -frauen beim Lunch, belauschten Gespräche und studierten ihre Sprache, die als Inspirationsquelle für die erdachte Firma SPACE dienen würde. Und nach ein paar Wochen entwickelte jede Autorin eine eigene Figur, die zum Leben erweckt wurde: Sie erhielt eine E-Mail-Adresse und einen Facebook-Account. Über diese Accounts lernten sich die Figuren gegenseitig kennen und die ersten Dialoge, die in das Theaterstück einflossen, entstanden im Chat.
Neben den wöchentlichen Wahlkursen war auch die Zusammenarbeit mit der Theatergruppe sehr wichtig. Die Spielerinnen und Spieler nahmen unter der Leitung von Christine Faissler die entwickelten Rollen ein, bauten sie aus, interpretierten und experimentierten. Ihre Feedbacks dienten der Weiterentwicklung der Texte. Zudem wurden die von der Theatergruppe improvisierten Szenen aufgenommen, transkribiert und von den Autorinnen in den Textpool aufgenommen. Abstrakte und gedichtartige Texte bearbeiteten die Komponisten David Lichtsteiner und Tobias Krebs für eine musikalische Umsetzung.
Nach allen Recherchen, szenischen Improvisationen, Gesprächen über Handlung und Figuren läuteten wir kurz vor den Sommerferien die letzte und intensivste Arbeitswoche ein: Die erste dramaturgische Phase begann mit einem Berg Textmaterial, bunten Stiften, Blättern und Klebstreifen aller Art. Aus dem Sammelsurium musste eine zusammenhängende Geschichte entstehen. Dialoge und Monologe wurden überprüft und nachgebessert, eine Szenenabfolge bestimmt und fehlende Puzzleteilchen definiert. Bald stand das erste Drittel des Theaterstückes fest – doch was würde unser Wendepunkt sein? Und wie sollte das Ende ausfallen? Welche Message wollten wir unserem Publikum mitgeben? Die Köpfe kochten, der Süssigkeitenverzehr stieg. Unsere Gedanken brauchten mehr Platz!
Und da Gedanken beim Gehen bekanntlich besser fliessen, verliessen wir das Schulzimmer, stiegen zum See hinunter und feilten spazierend an unserem Konzept weiter. Hatte eine Autorin eine brennende Idee, blieb das Grüppchen stehen – ein fester Stand dient der griffigen Argumentation. Wurde die Idee verworfen, bewegten wir uns weiter. Konnten aber alle etwas mit der Eingebung anfangen, wurde sie mit wenigen Stichworten notiert. Und so spannen wir das Theaterstück an der frischen Seeluft zu Ende.
Am letzten Schultag vor den Sommerferien war es so weit. Denia, Fee, Leonie, Naomi, Sophie und Tabea hatten ein etwa 35-seitiges Skript zusammengestellt. Die Geschichte von Alissia war erzählt. Mit Stift und Papier hatten wir uns in die Welt des digitalen Wahnsinns gewagt und eine neue Wirklichkeit erschaffen: Die Welt von SPACE. Durch die monatelange Zusammenarbeit, durch die Verbindungen und Vernetzungen im Prozess des Denkens und Schreibens wurde aus unserem zusammengewürfelten Grüppchen ein richtiges Schreibteam.